Berlin, November 2011
Liebe Spenderinnen, Spender,
nun bin ich zurueck aus Japan, wo ich knapp drei Wochen in der Katastrophengegend versucht habe mitzuarbeiten.
nun bin ich zurueck aus Japan, wo ich knapp drei Wochen in der Katastrophengegend versucht habe mitzuarbeiten.
Vor den Sommerferien versuchte ich wiederholt, Kontakt mit den oertlichen NGOs
und Behoerden aufzunehmen, was sehr schwierig war. Denn auch die oertlichen
Organizationen waren zerstoert, zahlreiche Mitarbeiter vermisst.
Daher buchte ich nur eine preiswerte Bleibe in Sendai, der Hauptstadt der
Praefektur Miyagi, einer der drei am schlimmsten verwuesteten Praefekturen an
der pazifischen Kueste.
So war es mir wie eine "Fuegung", in dem billigen Gaestehaus in
Sendai gleich eine kleine Gruppe von jungen Freiwilligen getroffen zu
haben: Dort uebernachteten seit diesem Fruehling zahlreiche meist junge
Freiwillige aus ganz Japan.
Manche kamen an Wochenenden zwischen ihren
Arbeitstagen, andere nutzten die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit, waehrend sie per
Internet ihre Bewerbungen
weiter betrieben, wieder andere waren wegen ihrer PC-Arbeit, wie z.B. der
Gestaltung von Homepages, oertlich ungebunden und machten neben ihrer Arbeit
als Freiwillige mit, und es waren natuerlich auch Studenten darunter. Ich traf
sogar Handwerker an, die zum Wiederaufbau aus entlegenen Staedten kamen und
die zwischen ihren Arbeiten noch als
Freiwillige taetig waren.
Diese junge Leute, vor allem die, die es sich leisten konnten, laengerfristig
zu bleiben, organisierten sich bald zu einer kleinen Gruppe der Freiwilligen
"Team Hagi", genannt nach dem Namen des Gaestehauses.
Sie liessen sich als solche bei Behoerden und NGOs registrieren, nahmen dann Anfragen nach ihrem Einsatz von oertlichen Behoerden, Gemeinden, NGOs oder auch Privatleuten entgegen, je nach ihren eigenen quantitativen und qualitativen Möglichkeiten, was z.B. die noetige Anzahl an Helfern betrifft oder ihre physische Einsatzbarkeit oder auch, ob Tauchkenntnisse fuer Unterwasserarbeiten vorhanden sind etc.
Sie liessen sich als solche bei Behoerden und NGOs registrieren, nahmen dann Anfragen nach ihrem Einsatz von oertlichen Behoerden, Gemeinden, NGOs oder auch Privatleuten entgegen, je nach ihren eigenen quantitativen und qualitativen Möglichkeiten, was z.B. die noetige Anzahl an Helfern betrifft oder ihre physische Einsatzbarkeit oder auch, ob Tauchkenntnisse fuer Unterwasserarbeiten vorhanden sind etc.
Fuer die Langzeit-Freiwilligen besorgten sie auch Sponsoren bei groesseren
Firmen, so dass ihnen das Allernoetigste wie Essen und Unterkunft bezahlt
wurde. Auch der Besitzer des Gaestehauses, der selbst aus Fukushima stammt,
unterstuetzte dieses Projekt mit Discount-Preisen fuer Freiwillige.
So wurde ich gleich bestens mit Freiwilligenarbeiten versorgt. Wir arbeiteten
u.a. bei der Verteilung des Lebensnotwendigen in den Notaufnahmelagern, beim
Freischaufeln und Aufraeumen in den von Schlammassen bedeckten Haeusern, beim
Kochen fuer die Menschen in den Notunterkuenften, beim Reinigen der in der nach
der Verwuestung gefundenen Photos und Photoalben etc.
Meist gingen wir um 8:00 aus dem Haus, fuhren mit
Mietwagen zum Ort und arbeiteten bis 4:00 oder 5:00 Uhr nachmittags. Wenn wir
dann gegen 19:00 Uhr zurueck waren, kochten und assen wir gemeinsam Abendessen.
Es waren arbeitsame Tage,aber trotzdem muss ich sagen, auch viel Freude dabei,
wahrscheinlich wegen des Gefuehls, hier doch ein bisschen getan haben zu koennen.
Auch durch diese Freiwilligengruppe war es moeglich, fuer Eure Spende einen
passenden Ort zu finden:
Eigentlich hatte ich ja vor, sie zu einer Grundschule zu bringen, wo ueber 80 % von 104 Schuelern vom Tsunami weggeschwemmt worden sind. Vor Ort erfuhr ich aber, dass diese Schule durch vielfache Medienberichte bereits ausreichend unterstuetzt worden ist, zumindest materiell.
Eigentlich hatte ich ja vor, sie zu einer Grundschule zu bringen, wo ueber 80 % von 104 Schuelern vom Tsunami weggeschwemmt worden sind. Vor Ort erfuhr ich aber, dass diese Schule durch vielfache Medienberichte bereits ausreichend unterstuetzt worden ist, zumindest materiell.
Der Leiter unseres Teams erzaehlte mir dann von einem Kindergarten, von dem man in den Medien weniger hoerte und daher noch kaum Unterstuetzung bekam, obwohl er doch einen aehnlichen Schicksalsschlag erlebte:
Von den 51 anwesenden Kindern waren 8 Kinder und eine Erzieherin im Tsunami ertrunken. Da das Gebaeude verwuestet war, suchte man eine vorruebergehende Notunterkunft im Gemeindehaus der Stadt Yamamoto. Sie hatten aber nichts, weder Moebel, noch Arbeitsmaterialien, um die Wiedereroeffnung vorbereiten zu koennen.
Der Leiter brachte mich gleich zum Gemeindehaus, wo ich von der Leiterin des Kindergartens dann die folgende Geschichte erfuhr.
Am 11. Maerz, als mehrere Erdbeben das Gebaeude erschuetterten, waren noch 51
Kinder mit 6 Erzieherinnen im Kindergarten. Sie fluechteten auf den Hof, wo es
zu regnen anfing. Dann stiegen sie in die zwei Schulbusse auf dem Hof, da es
durch Nachbeben im Gebaeude zu gefaehrlich war. In diesem Augenblick wurden sie
von Tsunami ueberrascht. Die beiden Busse waren vom Tsunami weggeschwemmt. Der
grosse Bus blieb am Eingangstor stecken, der andere Bus wurde bis zum
Die Busse waren fast bis zur Decke mit Wasser gefuellt, die hilfesuchend
schreienden Kinder schwappten im Wasser. Die Erzieherinnen, selbst am
Ertrinken, schafften es trotzdem noch, die Fenster aufzumachen, packten die
Kinder an den Schulranzen und Kleidern, konnten die Kinder gerade noch
zum Dach des Gebaeudes hochschieben. Es war im Maerz, noch im Wintermonat, wo
es bald dunkel wurde. Als es am naechsten Morgen heller wurde, stellte sich
heraus, dass 8 Kinder und eine Erzieherin vermisst waren.
Ich überreichte ihnen Eure Spende, es waren, zusammen mit meiner eigenen, ca.
2000,-Euro. Dabei erzaehlte ich ihnen von Euch, mit was fuer einem aufrichtigen
Mitgefuehl fuer die Betroffnen Ihr Euch in der Spendenaktion eingesetzt habt.
Sowohl die Leiterin als auch die Erzieherinnen waren sichtlich beruehrt. Sie
alle leiden natuerlich immer noch unter dem schlimmen Schuldgefuehl, dass sie
so viele Kinder nicht retten konnten. Sie meinten dann, dass Eure Anteilnahme
nicht nur materiell sondern auch psychisch sie staerken wuerde. Ich soll Euch
ihren herzlichen Dank ausrichten. ( Anbei ist die Quittung der Leiterin mit dem
Dankwort.)
Nun moechte ich Euch noch kurz ueber die radioaktive Verseuchung in Japan
berichten. Vor der Abreise besorgte ich mir, mit Hilfe von einigen Freunden,
einen Gaigerzaehler und Jodtabletten. Als ich in Tokyo ankam, schaltete ich
gleich den kumulativen Geigerzaehler ein. Ich hatte mir vorgenommen, den Ort zu
verlassen, wenn die Summe 20 mSv. erreichen sollte.
Auf dem Weg von Tokyo zu Sendai fuhren wir durch den Praefektur Fukushima. Mein
Geigerzaehler gab dann immer wieder solchen schrillen Alarmton, dass ich es
nicht aushalten konnte. Ich klebte dann ganz dick Tesafilm auf den
Geigerzaehler, um ihn nicht zu hoeren.
Zu meiner Beruhigung erreichte die Staerke in Sendai aber nicht mehr als 0,15
uSv. Im Allgemeinen bewegten wir uns im Umkreis von 50 bis 90 km vom AKWFukushima, und in den Orten, wo wir taetig waren, hoerte ich den Alarm nicht
wieder.
Waehrend ich aber noch in Sendai war, besuchte ich einen Vortrag von einem
Arzt, der den Atombombeabwurf in Hiroshima ueberlebt hat. Zeit seines Lebens
hat er sich um die Atombombenopfer gekuemmert. Heute geht er mit seinen 94
Jahren durch ganz Japan mit seinem Vortrag, um die Menschen gegen AKWs zu
alamieren.
Er erzaehlte, dass die Symptome der Menschen in Fukushima, vor allem die der Kinder, sich denen der Atombombenopfer bereits sehr aehneln. Die innere radioaktive Verseuchung durch Einatmen, Essen und Trinken von verseuchten Partikeln kann sogar schlimmer sein als die aeussere Verseuchung, da die Strahlung von radioaktiven Partikeln im Koerper sich weiter fortsetzt. Heute sollten wir davon ausgehen, dass alle Japaner innerlich radioaktiv verseucht sind. Daher sei es sehr wichtig zu versuchen, die eigene Widerstandskraft aufrecht zu erhalten, vor allem durch disziplinierte Lebensweise.
Von seinem Vortrag nahm ich die Unterschriftenliste gegen AKWs mit, verteilte sie unter meinen Freunden in Yokohama und Tokyo. Eine Freundin, die noch nie in ihrem Leben an politischen Aktionen teilnahm, sammelt nun Unterschriften, wie sie sagt, "als Mutter fuer die Familie, vor allem fuer die Kinder".
Es scheint, dass heute in Japan die Muetter die staerksten AKW-Gegner darstellen, waehrend die Maenner durch verschiedene Druckmittel von ihren Arbeitgebern eher leise gehalten werden. Die AKW-Betreiber haben eine grosse Lobby sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik.
Wir koennen nur hoffen, dass die japanischen Muetter stark genug sind wie die Fussball-"Nadeshiko"-Frauen, um der verbrecherischen AKW-Lobby in Japan Einhalt zu gebieten.
Also soweit der versprochene Bericht ueber meinen Japanaufenthalt. Ich hoffe sehr, Eure liebe Spende in Eurem Sinne weitergeleitet zu haben, und danke Euch nochmals ganz herzlich fuer Eure liebe Anteilnahme.
Mit meinen besten Wunschen an Euch,
Er erzaehlte, dass die Symptome der Menschen in Fukushima, vor allem die der Kinder, sich denen der Atombombenopfer bereits sehr aehneln. Die innere radioaktive Verseuchung durch Einatmen, Essen und Trinken von verseuchten Partikeln kann sogar schlimmer sein als die aeussere Verseuchung, da die Strahlung von radioaktiven Partikeln im Koerper sich weiter fortsetzt. Heute sollten wir davon ausgehen, dass alle Japaner innerlich radioaktiv verseucht sind. Daher sei es sehr wichtig zu versuchen, die eigene Widerstandskraft aufrecht zu erhalten, vor allem durch disziplinierte Lebensweise.
Von seinem Vortrag nahm ich die Unterschriftenliste gegen AKWs mit, verteilte sie unter meinen Freunden in Yokohama und Tokyo. Eine Freundin, die noch nie in ihrem Leben an politischen Aktionen teilnahm, sammelt nun Unterschriften, wie sie sagt, "als Mutter fuer die Familie, vor allem fuer die Kinder".
Es scheint, dass heute in Japan die Muetter die staerksten AKW-Gegner darstellen, waehrend die Maenner durch verschiedene Druckmittel von ihren Arbeitgebern eher leise gehalten werden. Die AKW-Betreiber haben eine grosse Lobby sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik.
Wir koennen nur hoffen, dass die japanischen Muetter stark genug sind wie die Fussball-"Nadeshiko"-Frauen, um der verbrecherischen AKW-Lobby in Japan Einhalt zu gebieten.
Also soweit der versprochene Bericht ueber meinen Japanaufenthalt. Ich hoffe sehr, Eure liebe Spende in Eurem Sinne weitergeleitet zu haben, und danke Euch nochmals ganz herzlich fuer Eure liebe Anteilnahme.
Mit meinen besten Wunschen an Euch,
Yoshikoo Horn
Alle Fotos von Yoshiko Horn
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